Eine Porträtgotografie von Alicia Baier.

Wird Abtreibung legal? – Alicia Baier

Der Paragraf 218 stellt den Schwangerschaftsabbruch auf eine Ebene mit Tötungsdelikten. Im Gespräch mit Anja Backhaus erklärt Dr. Alicia Baier, wie sie mit dem "Doctors for choice Germany e.V." für die Liberalisierung des Abtreibungsrechts kämpft.

Als "historischen Moment" bezeichnet die Ärztin Alica Baier die Empfehlung der von der Bundesregierung eingesetzten unabhängigen "Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung", die Mitte April 2024 veröffentlicht wurde. Erstmals in der deutschen Geschichte bestehe die Chance, dass eine Gesetzesregelung gefunden wird, die Frauen hilft, statt ihnen zu schaden, so Baier.

Dr. med. Alicia Baier kämpft seit knapp einem Jahrzehnt für das weibliche Recht auf Abtreibung und hat 2019 den "Doctors for choice Germany e.V." mitgegründet, dessen 1. Vorsitzende sie heute ist. Dabei handelt es sich um ein deutschlandweites Netzwerk von Ärzten, Medizinstudierenden und Menschen aus anderen Gesundheitsberufen. Der Verein betreibt faktenbasierte Aufklärungskampagnen zur Enttabuisierung und hilft zugleich, Mythen und Vorurteile aufzudecken.

Zusammen mit dem Familienplanungszentrum Balance in Berlin haben die "Doctors for choice" ein Telemedizinisches Pilotprojekt zur medikamentösen Abtreibung entwickelt, das von über 90 Prozent der betroffenen Frauen als positiv bewertet wird.

Alicia Baier bezeichnet die aktuelle Phase als besonders spannend, weil mit der Empfehlung der unabhängigen Expertenkommission erstmals ein Vorschlag auf dem Tisch liegt, der die Kriminalisierung aller Beteiligten revidieren will. Noch steht der Schwangerschaftsabbruch in Deutschland im Strafgesetzbuch neben Tötungsdelikten – ein unhaltbarer Zustand nach Ansicht der unabhängigen Fachleute: "Die grundsätzliche Rechtswidrigkeit des Schwangerschaftsabbruchs in der Frühphase der Schwangerschaft ist nicht haltbar", heißt es in ihrem Abschlussbericht.

Zugleich befürchtet Alica Baier, dass der Prozess sich über die Legislatur hinausziehen könnte und dass es unter einer neuen Regierung ein Rollback geben könnte. 

Redaktion: Chris Hulin und Moritz Folk