Fußballfans steht ein spielreiches Wochenende bevor: Ob Leverkusen gegen Stuttgart, Leipzig gegen Dortmund oder Mainz gegen das abstiegsbedrohte Köln - jede Menge spannender Bundesligaspiele stehen auf dem Plan. Manch einer genießt dabei vielleicht sogar Stadion-Atmosphäre live vor Ort.
So schön die Partien auch werden mögen, nicht immer laufen Fußballspiele rund. Randalierende Fans verursachen regelmäßig große Polizeieinsätze - oft schon Stunden vor Beginn des Spiels. Und immer wieder kommt die Diskussion auf: Wer sollte dafür eigentlich bezahlen?
Als 2015 ein Spiel zwischen dem SV Werder Bremen und dem Hamburger SV im Bremer Weserstadion mit Krawallen endete, fand die Stadt Bremen, dass die Deutsche Fußball Liga (DFL) für den Polizeieinsatz zahlen sollte - mehr als 400.000 Euro. Die DFL lehnte das ab und zog vor Gericht.
Ohne Erfolg: 2019 entschied das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, dass es grundsätzlich rechtmäßig sei, wenn der Profifußball an den Kosten für Polizeieinsätze beteiligt werde. Die Organisation der deutschen Fußballproficlubs ging in die nächsten Instanzen. Der Streit zog sich zäh, jetzt befasst sich das Bundesverfassungsgericht mit dem Fall. Mit einem Urteil ist erst in einigen Monaten zu rechnen.
NRW Hotspot für Hochrisikospiele
Auf das Ergebnis dürften nicht nur Fußballfans gespannt sein. Auch der Bund der Steuerzahler NRW fordert seit Jahren, die Vereine an den Kosten für die Polizeieinsätze zu beteiligen. Gerade in NRW finden besonders viele Hochrisiko-Fußballspiele statt.
Wenn beispielsweise Borussia Mönchengladbach auf den 1. FC Köln trifft, ist die Polizei regelmäßig im Dauereinsatz. Ähnlich sieht es aus etwa bei Spielen zwischen Dortmund und Schalke oder Leverkusen und Köln.
NRW-Innenminister Herbert Reul hatte sich dazu bislang nicht eindeutig festgelegt. Noch im vergangenen Herbst hatte Reul gesagt, er wolle zunächst das Urteil im Verfahren Bremen/DFL abwarten.
NRW lehnt Beteiligung der Veranstalter ab
Auf WDR-Anfrage stellte das NRW-Innenministerium aber klar, dass es hierzulande eine Beteiligung der Fußballveranstalter an den Polizeikosten nicht geben werde: Die Polizei sei für die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung "auch im Kontext des Profifußballs" zuständig, sagte ein Sprecher - in allen öffentlichen Bereichen außerhalb des Stadions.
"Das gilt genauso, wenn die Polizei eine Straße sperrt, damit der Kindergarten seinen Martinszug dort abhalten kann", erläutert der Sprecher, "das gehört alles zum Leben dazu".
Im Stadion ist der Betreiber verantwortlich
Innerhalb des Stadions, auf dem gesamten Gelände, liege die Verantwortung für die Sicherheit dagegen beim Stadionbetreiber: Auf dem Gelände des Stadions gelte das Hausrecht. "Das hierfür vom Hausherrn aufzustellende und umzusetzende Sicherheitskonzept ist durch eigene (und selbst zu finanzierende) Sicherheitsmitarbeiter (Ordner) zu gewährleisten."
Wenn die Polizei aber trotzdem ins Stadion hinein muss, um dort einzugreifen, dann gebe es auch dafür in NRW keine Rechnung, stellt der Sprecher klar. "Denn wenn die Polizei einschreiten muss, dann ist es dort bereits zu Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten gekommen. Und dann muss die Polizei tätig werden." Das sei vergleichbar mit der privaten Party, zu der die Polizei gerufen wird, weil ein Gast randaliert. "Dafür muss der Gastgeber auch nicht bezahlen."
Das Innenministerium habe die "Chancen und Risiken" gegeneinander abgewogen, und sei zu folgendem Schluss gekommen: "Aus einsatzfachlicher Sicht erscheint die Erstattung von Einsatzkosten der Polizei, unabhängig von der Schaffung entsprechender Rechtsnormen, jedoch zunächst grundsätzlich nicht geeignet, den Gewalttätigkeiten bei Fußballspielen entgegenzuwirken."
Milliardengeschäft Fußball
Für den Bund der Steuerzahler (BdSt) NRW geht es aber bei der Frage nach der Kostenbeteiligung nicht nur um die Sicherheit: "Der Profifußball ist ein Milliardengeschäft", sagte BdSt-Wirtschaftsexperte Jens Ammann dem WDR. Gerade aufwendige Polizeieinsätze bei kritischen Fußballspielen dürften nicht ausschließlich von allen Steuerzahlern getragen werden.
"Eine Beteiligung aus dem System Fußball wäre angemessen", das Geld für "fußballgenerierte Sicherheitsmaßnahmen auch außerhalb der Stadien" sei durchaus vorhanden. "Es nicht nachzuvollziehen, weshalb die Verursacher von den Kosten verschont bleiben und die Steuerzahler dafür aufkommen müssen."
Polizei: "Arbeitsbelastung" bei Fußballspielen gestiegen
Wie hoch die Kosten für Polizeieinsätze im Zusammenhang mit Fußballspielen in NRW konkret sind, sagt das Innenministerium auf Anfrage nicht. Nach Angaben der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) bei der Polizei NRW ist die "Arbeitsbelastung" für Polizeikräfte in der Fußballsaison 2022/23 um 9,7 Prozent gestiegen im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit - bei nahezu gleicher Anzahl von Spielen.
Auch die Zahl der gewaltbereiten Fans der insgesamt 54 Vereine aus den ersten drei Ligen sei leicht gestiegen. 13.608 Personen hatte die Polizei zuletzt auf dem Schirm. Der Einsatz von verbotener Pyrotechnik habe sich auf über 3.000 Verfahren deutlich erhöht. Insgesamt mehr als 26 Millionen Fans besuchten laut ZIS in der Saison 22/23 die Stadien in NRW.
Bremen erwartet mittlerweile drei Millionen von der DFL
In Bremen gilt bereits seit 2014 eine Gebührenordnung, nach der "polizeilicher Mehraufwand bei gewinnorientierten, erfahrungsgemäß gewaltgeneigten Großveranstaltungen mit mehr als 5.000 Personen" vom Veranstalter mitgetragen werden muss. Laut Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) sind in den vergangenen zehn Jahren aber nur neun von etwa 170 Heimspielen im Bremer Weserstadion als Hochrisikospiele eingestuft worden.
Doch die hatten es offenbar in sich: Auf der Rechnung der Stadt für die DFL stünden mittlerweile drei Millionen Euro für zusätzliche Polizeikosten, so Mäurer. "Angesichts des Gesamtaufwands halte ich dies für eine angemessene Beteiligung."
Quellen:
- NRW-Innenministerium
- Bund der Steuerzahler NRW
- Jahresbericht Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS)
- Nachrichtenagentur dpa