Viseći registri prepuni akata

Warum der Landtag beinahe 17 Lkw-Ladungen an Papier ausgedruckt hätte

Stand: 19.02.2024, 17:49 Uhr

Für den Untersuchungsausschuss des Landtags zur Rahmedetalbrücke sollten unzählige Seiten an Akten zuerst ausgedruckt werden, um sie anchließend wieder zu digitalisieren. Wie es zu dieser Idee kam und wie sie verhindert wurde.

Von Rainer StriewskiRainer Striewski

Einen bestimmten Namen im Telefonbuch finden? Eigentlich kein Problem. "Stellen Sie sich vor, Sie haben das Telefonbuch von Düsseldorf mit 500 Seiten. Jetzt bekommen Sie aber 5.600 dieser Telefonbücher vor die Füße gekippt - und zwar nicht alphabetisch sortiert - und sollen nun einen Namen darin herausfinden." Was der SPD-Abgeordnete Gordan Dudas hier schildert, klingt fast unmöglich. Dennoch sah er noch im November letzten Jahres so eine Herkules-Aufgabe auf sich zukommen.

Gordan Dudas, sitzt im dunklen Anzug in einem Sitzungssaal des Landtags, die Wände sind mit Holz getäfelt.

SPD-Abgeordneter Gordan Dudas

Dudas ist Mitglied des Untersuchungsausschusses im Düsseldorfer Landtag, der sich um die mittlerweile gesprengte Rahmedetalbrücke kümmert. Das Problem: Dem Ausschuss wurden zwar jede Menge digitale Akten zur Verfügung gestellt, diese Daten waren aber teilweise nicht per Schlagwort durchsuchbar. Das liegt daran, dass viele digitale Einzelteile von Akten nur als Anhang von E-Mails vorliegen - und genau diese oft umfangreichen Dokumente lassen sich nicht einfach durchsuchen. Um einen bestimmten Namen in den Akten zu finden, hätten Ausschussmitglieder wie Gordan Dudas abertausende von E-Mail-Anhängen manuell öffnen und sichten müssen - eine fast unmögliche Aufgabe.

Millionen Seiten ausdrucken und wieder einscannen?

Die schnelle Recherche nach Begriffen und Zusammenhängen wäre so kaum möglich gewesen. Also was tun? Die vermeintliche Lösung klang fast noch aberwitziger als das manuelle Durchsuchen aller Dateien: Die Akten sollten zuerst ausgedruckt und dann wieder eingescannt werden, um sie so nach automatischer Texterkennung durchsuchen zu können. Der Papierverbrauch wäre enorm gewesen: Nach Berechnungen des Bundes der Steuerzahler NRW wäre dabei ein 392 Meter hoher Papierstapel entstanden, hundert Meter höher als der Düsseldorfer Rheinturm. Zum Transport der Millionen bedruckter Blätter Papier wären 17 Lkw nötig gewesen.

Software-Lösung auch für künftige Aktenberge

Doch zur vielleicht größten Papier- und Toner-Bestellung in der Geschichte des Landes kommt es nun doch nicht. Denn der landeseigene Dienstleister IT-NRW hat eine technische Lösung gefunden: Fast alle Dateien können nun so umgewandelt werden, dass danach die elektronische Suche funktioniert. Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Stefan Engstfeld (Grüne), und auch der Bund der Steuerzahler zeigten sich denn auch erfreut ob der gefundenen Software-Lösung - zumindest teilweise.

Detail eines Computer-Monitors; Rechte: dapd/Brandt

Daten einfach suchen und finden

Denn der Bund der Steuerzahler hätte sich noch eine viel weitergehende Lösung gewünscht, die die Gedankenspiele ums Ausdrucken und Einscannen aller Akten überflüssig gemacht hätte. "NRW braucht endlich ein Landes-Transparenzgesetz", heißt es in einem offenen Brief an NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) von Ende Januar. Abgeschickt hat ihn das Transparenzbündnis "NRW blickt durch", dem neben dem Steuerzahlerbund auch der NABU, Transparency International oder die Initiative "Offene Kommunen NRW" angehören.

Mehr Transparenz per Gesetz

Sie fordern auch für NRW die Verabschiedung eines Transparenzgesetzes, wie es etwa bereits in Hamburg oder Rheinland-Pfalz umgesetzt ist. "Dieses Gesetz würde sicherstellen, dass sämtliche Verträge, Gutachten und Vorlagen bereits bei ihrer Entstehung vernünftig und durchsuchbar digitalisiert und, sofern es sich nicht um geschützte Daten handelt, auch veröffentlicht werden müssten", heißt es in dem Brief an Ministerpräsident Wüst. "Dies ist nicht nur für Bürgerinnen und Bürger wichtig. Das Gesetz stärkt auch die Kontrollmöglichkeiten des Parlaments gegenüber der Regierung", so die Unterzeichner. Zudem könne das Gesetz "eine immense Beschleunigung des Datenaustausches" zwischen Ämtern und damit zu einer Beschleunigung von Planungsverfahren führen - und so zum "Wirtschaftsfaktor für den Industriestandort NRW" werden.

Vom Informationsfreiheits- zum Transparenzgesetz

Auch die NRW-Landesregierung hat sich in ihrem Koalitionsvertrag grundsätzlich darauf verständigt, an einem Transparenzgesetz zu arbeiten.

"Wir werden prüfen, inwieweit das Informationsfreiheitsgesetz vor dem Hintergrund der Transformation der Landesverwaltung hin zu elektronischen und medienbruchfreien Kommunikations- und Bearbeitungsprozessen weiterentwickelt werden kann, insbesondere mit Blick auf eine sachgerechte, proaktive Veröffentlichung von Daten und Informationen." Koalitionsvereinbarung von CDU und GRÜNEN
Bettina Gayk, Landesbeauftragte für Datenschutz, spricht in der Landespressekonferenz im Landtag

Bettina Gayk: "Kluge Idee"

Die NRW-Landesbeauftragte für Datenschutz, Bettina Gayk, hält das für eine "kluge Idee". Denn: "Demokratie lebt einfach davon, dass die Bürgerinnen und Bürger auch wissen können: Was macht ihre Verwaltung?" Auf Nachfrage des WDR-Magazins Westpol erklärte die NRW-Landesregierung im November 2023: "Diesen Prüfauftrag setzt die Landesregierung um. Dabei werden neben den Stimmen der Datenschutzbeauftragten und von NGOs auch die Meinungen andere Akteure einbezogen." Dabei hätten sich etwa die Kommunalen Spitzenverbände deutlich zurückhaltender positioniert.

Achim Wölfel vom Bündnis "NRW blickt durch" kennt die Widerstände: "Die Einführung eines Transparenzgesetzes kostet natürlich Geld - und sie macht Verwaltungshandeln transparenter." Dennoch ist er optimistisch: Spätestens "diese unsägliche Aktenaffäre" solle nun Anlass sein, "ins Handeln zu kommen und das Transparenzgesetz einzuführen", so sein Appell.

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