WDR: Frau Müller, siebeneinhalb Jahre sind seit dem Loveparade-Unglück vergangen. Wie schauen Sie auf den kommenden Prozess?
Gabi Müller: Auf der einen Seite haben wir uns das ja gewünscht. Wir haben dafür gekämpft, dass dieser Prozess stattfindet. Weil es Verantwortliche geben muss für das Unglück. Aber man hat auch Angst. Wo geht die Reise hin?
WDR: Was sind Ihre Befürchtungen?
Gabi Müller: Die schlimmste Befürchtung ist, dass es in die Verjährung geht - wegen der kurzen Zeit, die übrig bleibt.
WDR: Bis Mitte 2020 muss es Urteile geben, sonst wären die Vorwürfe verjährt. Welche Hoffnungen haben Sie denn trotz aller Schwierigkeiten?
Gabi Müller: Ich wünsche mir, dass die Verantwortlichen dazu stehen. Dass sie auch die Wahrheit sagen, wie das alles zusammenhängt. Weil ich weiß, die da auf der Anklagebank sitzen, sind nicht die Hauptverantwortlichen. Aber sie könnten zur Aufklärung beitragen. Was steckt dahinter?
WDR: Angeklagt sind insgesamt zehn Mitarbeiter der Stadt Duisburg und des Veranstalters. Sind das aus Ihrer Sicht die Falschen?
Gabi Müller: Nein, aber es sind nicht die Hauptverantwortlichen. Es sind nämlich nicht die, die sich auf die Schultern geklopft hätten, wenn alles gut gegangen wäre. Das wären andere gewesen.
WDR: Wer sind denn Ihrer Meinung nach die Hauptverantwortlichen?
Gabi Müller: Der Loveparade-Veranstalterchef Rainer Schaller und der damalige Duisburger Oberbürgermeister Adolf Sauerland. Sie tragen vielleicht keine strafrechtliche, aber eine moralische Verantwortung.
Auch die Polizei spielt eine große Rolle. Mir geht es dabei nicht um den kleinen Beamten, der unten stand, sondern um die Einsatzleitung. (Anm. der Redaktion: Gegen den Polizeiführer wurde zwar ermittelt, das Verfahren wurde aber eingestellt.)
WDR: Das Duisburger Landgericht hat schon jetzt über 100 Prozesstage angesetzt. Sie treten als Nebenklägerin auf. Mit welchem Ziel?
Gabi Müller: Ich möchte ernst genommen werden. Es geht mir nicht um Rache. Ich möchte meine Ruhe und meinen Frieden und das geht nur, wenn das aufgeklärt wird. Alle Hintergründe, das finde ich ganz, ganz wichtig.
Das Gespräch führte Benjamin Sartory