Ist der Muttertag noch zeitgemäß?

Aktuelle Stunde 12.05.2024 27:46 Min. Verfügbar bis 12.05.2026 WDR Von Birgit Grigo

Wie zeitgemäß ist der Muttertag noch?

Stand: 12.05.2024, 11:38 Uhr

Seit mittlerweile mehr als 100 Jahren wird in Deutschland der Muttertag gefeiert. Aber wie kam es zu dem Ehrentag für Mütter? Und wie wird er mittlerweile gesehen?

Seit 1923 wird in Deutschland am zweiten Sonntag im Mai der Muttertag gefeiert. Er gilt als der Tag, an dem Kinder ihrer Mutter zeigen können, wie sehr sie sie lieben und wie dankbar sie ihr sind, für alles, was sie tut.

Was nach einer sehr deutschen Tradition klingt, hat - ähnlich wie Halloween - seinen Ursprung in den USA und wurde bei uns erst danach übernommen. Aber wie entstand der Tag überhaupt? Wie kam er nach Deutschland? Und wird er von allen Menschen nur positiv gesehen? Fragen und Antworten.

Ursprung: Woher kommt der Muttertag?

Erstmals wurde der Muttertag 1907 in den USA gefeiert. Und zwar von der Tochter von Ann Maria Reeves Jarvis. Ihre Mutter hatte 1865 die Organisation Mothers Friendships Day gegründet, in der sich Mütter zu aktuellen Fragen austauschen konnten. Zwei Jahre nach dem Tod ihrer Mutter veranstaltete ihre Tochter eine Gedenkveranstaltung zu ihren Ehren. Bereits sieben Jahre später gab dann aber der US-Kongress seinen Segen und führte den "Mothers Day" als nationalen Feiertag ein.

Anschließend fand die Idee des Ehrentags für Mütter auch international Anhänger. 1923 kam er auch nach Deutschland - auf Initiative des Verbands Deutscher Blumengeschäftsinhaber.

Welche Kritik gibt es am Muttertag?

Mit der Idee, der eigenen Mutter einfach mal "Danke" zu sagen, kann eigentlich jeder etwas anfangen. Trotzdem gibt es auch Kritik an dem Feiertag, der schon in den 1930er Jahren von den Nationalsozialisten zu Propagandazwecken genutzt wurde. So verliehen die Nazis am "Tag der Mutter" fortan das sogenannte Mutterkreuz. Die zweifelhafte Auszeichnung, die im Volksmund auch als "Karnickelorden" verspottet wurde, gab es in Bronze, Silber und Gold. Letzteres für acht oder mehr "erbgesunde" Kinder.

Aber auch heute erachten viele Menschen den Muttertag für aus der Zeit gefallen. So spiegele das klassische Bild von der Mutter als der Person in einer Familie, die sich vorwiegend um die Kinder kümmere nicht mehr die Realität wieder. Dazu komme, dass dieses Rollenklischee der Gleichstellung von Männern und Frauen entgegenwirke. So schlug der Familienforscher Wassilios Fthenakis bereits vergangenes Jahr vor den Muttertag - genau wie den Vatertag - umzuwidmen. Der Muttertag baue Druck auf Frauen auf, die tagsüber keine Zeit hätten, sich um die Kinder zu kümmern, sagte Fthenakis im vergangenen Jahr dem Deutschlandfunk. 

Hinzu kommt, dass viele Menschen in Deutschland den Muttertag offenbar als zu kommerzialisiert ansehen. So erklärten bereits 2022 mehr als die Hälfte der Befragten einer Umfrage des Marktforschungsunternehmens Yougov, dass der Muttertag ihrer Meinung nach vor allem wegen des kommerziellen Drucks gefeiert werde. Nur 36 Prozent hielten den Muttertag demnach für einen "richtigen" und "besonderen" Anlass, um zu feiern.

Wie feiern Mütter ihren Ehrentag?

Trotz der Kritik am Kommerz wünschen sich laut einer aktuellen Yougov-Befragung 62 Prozent der befragten Mütter, dass sie Geschenke von ihren Kindern zum Muttertag bekommen. An Platz eins der Wunschliste steht da allerdings gemeinsame Zeit mit der Familie. Auf Platz zwei und drei folgen dann laut der Umfrage Klassiker wie Blumen oder Pralinen.

Viele Kinder und Partner kommen diesem Wunsch offenbar auch gerne nach. Nach Daten des Handelsverbands Deutschland planen die Deutschen für den Muttertag in diesem Jahr mehr als eine Milliarde Euro auszugeben. Die beliebtesten Geschenkideen: Blumen und Lebensmittel wie z. B. Pralinen.

Es gibt aber auch das andere Extrem. So gaben zwei Prozent der Befragten der repräsentativen Pairfam-Studie (Panel Analysis of Intimate Relationships and Family Dynamics) der Universität Halle-Wittenberg/Universität Köln an, dass sie keinen Kontakt mehr zu ihrer biologischen Mutter haben. Noch mehr fühlten sich emotional distanziert von ihren Eltern. Fast jede zehnte Person gab an, innerhalb von zehn Jahren zumindest eine Phase der Entfremdung zur leiblichen Mutter gehabt zu haben. Mögliche Gründe sind Suchtprobleme, Trennung der Eltern, (emotionaler) Missbrauch, unterschiedliche Erwartungen an Familie, Rollenbilder oder Wertvorstellungen.

Unsere Quellen:

  • YouGov-Umfragen zum Muttertag
  • Handelsverband Deutschland
  • Nachrichtenagentur dpa

Über dieses Thema berichtet der WDR am 12. Mai 2024 auch im Fernsehen in der Aktuellen Stunde um 18.45 Uhr.

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