Ein Mann raucht einen Joint.

Teil-Legalisierung von Cannabis - Kommunen für Kontrolle zuständig

Stand: 02.05.2024, 17:38 Uhr

Seit dem 1. April gilt die Teil-Legalisierung von Cannabis. Das bedeutet, dass der Besitz von kleineren Mengen der Droge nicht mehr strafrechtlich verfolgt werden soll. Jetzt ist auch klar, wer die neuen Regeln kontrollieren soll.

Zwar wurde wurde Cannabis in Teilen legalisiert, das entsprechende Gesetz zieht aber auch Grenzen: So darf zum Beispiel nicht auf Spielplätzen oder rund um Schulen oder Kindergärten gekifft werden. Darüber sollen jetzt die Ordnungsämter der Kommunen wachen. Das hat die Landesregierung per Verordnung festgelegt. Diese wurde am Donnerstag veröffentlicht und ist ab sofort gültig.

In der Verordnung wird vom Land bereits ein finanzieller "Belastungsausgleich" für die Kommunen in Aussicht gestellt, falls die Cannabis-Kontrollen zusätzliche Kosten verursachen sollten. Das Gesundheitsministerium werde "in Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden zum 31. Dezember 2027 und danach alle fünf Jahre die durch diese Verordnung entstehenden Be- und Entlastungen bei den betroffenen Gemeinden einschließlich der Anpassung eines etwaigen Belastungsausgleichs" prüfen, so die Verordnung.

Mehr Aufwand für die Ordnungsbehörden

Damit rennt das Land bei den Kommunen offene Türen ein. So sagte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes NRW, Christof Sommer der dpa: "Das Land hat die Kontrollen nun klar den Gemeinden zugewiesen. Damit dürfte auf die Ordnungsbehörden mehr Aufwand zukommen, den das Land gegenfinanzieren muss. Das fängt an bei der Feingrammwaage und reicht bis zum Personal." Die vom Land angekündigten Gespräche werde sein Verband "intensiv begleiten".

Lückenlose Kontrollen werde es nicht geben, so Sommer: "Mit dem Cannabisgesetz betreten wir Neuland. In der Praxis vor Ort wird es wie bei einem allgemeinen Rauchverbot oder bei den Corona-Regeln auf Stichproben hinauslaufen."

Was genau erlaubt das Gesetz?

Das Gesetz sieht keine komplette, sondern eine kontrollierte Freigabe der Droge vor. Der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum ist Volljährigen im öffentlichen Raum erlaubt. In der eigenen Wohnung können Konsumenten außerdem bis zu drei Cannabispflanzen kultivieren und bis zu 50 Gramm für den Eigenbedarf aufbewahren.

Geerntet werden darf nur zum Eigenkonsum, nicht zur Weitergabe an andere. Samen, Pflanzen und geerntetes Haschisch und Marihuana müssen gegen Diebstahl und vor dem Zugriff von Kindern geschützt werden - etwa mit abschließbaren Schränken und Räumen.

Was bleibt verboten?

Für Minderjährige bleiben Erwerb, Besitz und Anbau von Cannabis komplett verboten. Weitergaben an Kinder und Jugendliche sind strafbar. Der Konsum "in unmittelbarer Gegenwart" von unter 18-Jährigen ist verboten, ebenso in Fußgängerzonen von 7 bis 20 Uhr. Untersagt wird Kiffen auch auf Spielplätzen, in Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Sportstätten und jeweils in Sichtweite davon - also in 100 Metern Luftlinie um den Eingangsbereich.

Manche NRW-Kleingärtner machen sich Sorgen, der Hanfanbau könne nun auch auf ihren Anlagen populär werden. Doch der Schrebergarten ist formal keine Wohnung. Das Bundeskleingartengesetz besagt, dass man dort nicht wohnen darf, und der legale Anbau bleibt somit verboten. Trotzdem will Ralf Krücken, Geschäftsführer des Landesverbands Rheinland der Gartenfreunde, "unseren Mitgliedsvereinen empfehlen, den Anbau über die Gartenordnung oder die Pachtverträge klar auszuschließen".

Wann können die Cannabis-Clubs starten?

Nach aktueller Planung sollen ab dem 1. Juli nicht-kommerzielle "Anbauvereinigungen" mit der Kultivierung und Verteilung von Cannabis unter ihren Mitgliedern beginnen. In diesen Clubs können bis zu 500 Mitglieder mit Wohnsitz im Inland Cannabis anbauen und untereinander zum Eigenkonsum abgeben - an einem Tag höchstens 25 Gramm Cannabis je Mitglied und im Monat höchstens 50 Gramm.

Für 18- bis 21-Jährige sollen monatlich 30 Gramm mit höchstens zehn Prozent Tetrahydrocannabinol (THC) zulässig sein - das ist der Stoff mit der Rauschwirkung. Die Clubs brauchen eine Erlaubnis, die befristet gilt. Der Cannabis-Konsum direkt vor Ort ist tabu.

Darf man nach dem Kiffen Autofahren?

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hat sich im Vorfeld der Cannabis-Teil-Legalisierung in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" gegen einen 0,0-Grenzwert für THC im Straßenverkehr ausgesprochen. Die Expertenkommission werde im Frühjahr einen Grenzwert festlegen. Dass dieser bei 0,0 liegen werde, sei "unwahrscheinlich".

Bis dahin gilt: Ordnungswidrig handelt, wer unter Wirkung bestimmter berauschender Mittel ein Kraftfahrzeug führt, zu denen Cannabis gehört. Eine solche Wirkung liegt vor, wenn die Substanz im Blut nachgewiesen werden kann. In der Rechtsprechung hat sich ein Wert von 1 Nanogramm THC pro 100 Milliliter Blut etabliert - ab dann drohen laut Verkehrsministerium Sanktionen: bis zu 3.000 Euro Geldbuße, bis zu drei Monate Fahrverbot, zwei Punkte in der Flensburger Datei. Ausgenommen ist ärztlich verschriebenes Cannabis als Arzneimittel.

Die Teil-Legalisierung hat auch viele Kritiker

Gleichzeitig mit der Legalisierung kommt auch eine Amnestie für all jene Konsumenten, die wegen Besitzes oder Anbaus kleinerer Mengen Cannabis derzeit noch strafrechtlich verfolgt werden. "Wir haben sehr viele Menschen, die verurteilt worden sind nicht nur wegen Cannabis-Konsums, sondern auch wegen mehrerer anderer Delikte, und bei diesen Fällen muss das Gericht nach Inkrafttreten des Gesetzes prüfen, ob die Gesamtstrafe anzupassen ist wegen des Teils, der jetzt straffrei ist", sagt NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne).

Allein in Nordrhein-Westfalen rechnet das Justizministerium mit etwa 60.000 Verfahren, die auf den Prüfstand müssen - bundesweit sind es wohl 200.000.

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) lehnt die Legalisierung von Cannabis grundsätzlich ab. Das Risiko von Hirnschädigungen bei Heranwachsenden und jungen Erwachsenen durch die Droge sei belegt.

 Quellen:

  • Deutsche Presse Agentur (dpa)
  • Evangelischer Pressedienst (epd)
  • Agence France Presse (afp)