Nachdem der 1. FC Köln mit einem fulminanten Schlussspurt dem Abstieg zumindest für den Moment entronnen war, schaltete Timo Schultz direkt in den Angriffsmodus. "Wir sind schon seit Wochen in der Rolle des Jägers", sagte der Trainer des Tabellen-Vorletzten. Er habe von einem früheren Manager gehört, "dass der Jäger immer gewinnt - und ich hätte nichts dagegen, wenn das wieder der Fall wäre."
Dieses höchst emotionale, schier aberwitzige und an Dramatik kaum zu überbietende 3:2 (1:2) gegen Union Berlin kann Kräfte freisetzen. Denn als der Abpfiff und damit der Abstieg immer näher rückten, drehten Steffen Tigges (87.) und Damion Downs (90.+3) das Spiel mit ihren späten Treffern und hauchten den Kölnern neues Leben ein. Nach Schlusspfiff spielten sich Szenen auf den Rängen und dem Rasen wie bei einer Meisterfeier ab - dabei steht der FC noch immer ganz dicht vor dem Abgrund.
"Eigentlich waren wir weg, tot"
"Ich hatte Gänsehaut, Tränen in den Augen beim 3:2, alles ist mir durch den Kopf gegangen. Eigentlich waren wir weg, tot. Und auf einmal lebst du wieder", sagte Abwehrspieler Dominique Heintz. Auch Schultz schwärmte von der Wucht der Fans. "Gefühlt kann man froh sein, dass das Dach noch drauf ist. Es war so laut, dass es hätte abheben können", meinte der Trainer: "Wir wollten ein weiteres Endspiel haben, das haben wir uns erarbeitet."
Am letzten Spieltag steigt das große Finale des packenden Abstiegskampfes. Dort muss der FC beim 1. FC Heidenheim am Samstag (18.05.2024) gewinnen und parallel auf eine weitere Niederlage der Berliner im Duell mit dem SC Freiburg hoffen, um die drei Punkte Rückstand aufzuholen. Zudem hat der FC weniger Tore erzielt und eine um drei Treffer schlechtere Tordifferenz - die Vorzeichen stehen also schlecht.
"Jeder glaubt daran"
Und doch: "Jeder glaubt daran, dass es immer noch möglich ist", versicherte Kölns Geschäftsführer Christian Keller: "Wir werden die Woche gut trainieren, daran glauben, alle zusammen stehen."
Aus psychologischer Sicht ist der FC im Vorteil. Das Erreichen des Relegationsplatzes - mehr ist wegen des überraschenden 3:0 des Abstiegskonkurrenten FSV Mainz 05 gegen Borussia Dortmund nicht mehr möglich - wäre zum Abschluss einer fürchterlichen Saison ein riesiger Erfolg. Während die Berliner, die in dieser Spielzeit ja sogar in der Champions League dabei waren, auch unter Interimstrainer Marco Grote immer tiefer in den Abstiegsstrudel geraten und fünf der vergangenen sechs Spiele verloren haben.
"Unfassbares Herz"
Schultz betonte, dass seine Mannschaft "zu 100 Prozent, und wenn es gehen würde noch mehr, an sich glaubt". Dies vermittle ihm als Trainer ein "richtig gutes Gefühl". Und so hat der FC tatsächlich noch die Möglichkeit auf den "kuriosesten Klassenerhalt, den es ganz lange Zeit gegeben hat", sagte der 46-Jährige.
"Die Mannschaft hat ein unfassbares Herz. Das lässt sie auf dem Platz. In den letzten Wochen haben es eigentlich immer nur die anderen Mannschaften geschafft, für uns zu spielen", sagte Schultz: "Jetzt haben wir es auch mal geschafft, für uns zu spielen. Das ist am Ende der große, entscheidende Unterschied."