Vom Januar bis April 1892 veröffentlichte Theodor Fontane "Frau Jenny Treibel oder Wo sich Herz zum Herzen find’t" in der Deutschen Rundschau. Der unterhaltsame Gesellschaftsroman wurde sofort ein großer Erfolg.
Der Roman spielt im Berlin der 1880er Jahre. Fontane stellt die Familie des Kommerzienrats Treibel der Familie des Professors Willibald Schmidt gegenüber. Die Titelfigur Jenny Treibel stammt aus einfachen Verhältnissen, als Ehefrau des Kommerzienrats blickt sie aber nun hochmütig auf andere herab. Sie achtet auf Äußerlichkeiten, gesellschaftlichen Stand und Besitz. Dem Professor Schmidt und seiner Tochter Corinna hingegen geht es um Wahrhaftigkeit und Bildung. In jungen Jahren waren Jenny und Willibald allerdings ineinander verliebt.
Mit viel Humor schildert Fontane die gesellschaftlichen Irrungen und Wirrungen, die sich ergeben, als Corinna Jennys Sohn Leopold heiraten will. Die Mutter versucht das zu verhindern. Und auch Professor Schmidt hätte lieber den jungen Archäologen Marcell als Schwiegersohn.
Theodor Fontane zeigt so komisch wie realistisch das Hohle und Äußerliche der großbürgerlichen Berliner Gesellschaftsschicht. Seine Figuren sind dabei keine Karikaturen, sondern seiner Gegenwart abgewonnen, realistisch - und bei allen Schwächen sehr sympathisch. Und so erzählt dieser Roman auch heute noch eine Geschichte, "an die wir glauben".
Zum Tag der Deutschen Einheit lädt Gastgeberin Rebecca Link ein ins bürgerliche Berlin des ausgehenden 19. Jahrhunderts, zu Lesung und Talk in WDR 5 und im Podcast. Literaturexperte im Studio ist diesmal Michael Reinartz. Und gelesen wird "Frau Jenny Treibel" von Regina Münch.
Regie: Annette Kurth, Redaktion: Ruth Dickhoven und Ulla Illerhaus