Zu viel Verkehr durch Einheimische und Touristen, zu viele Unfälle, zu viele Verkehrstote in Amsterdam: Deshalb gilt in der niederländischen Metropole jetzt auf gut 80 Prozent der Straßen nur noch eine erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 30 Stundenkilometern. Tausende Schilder wurden dafür jetzt aufgestellt. Nur auf großen Durchgangsstraßen ist weiterhin Tempo 50 erlaubt.
NRW-Kommunen wollen mehr Spielraum
Mit einem gewissen Neid dürften viele Kommunen in NRW auf diese Entwicklung blicken, zum Beispiel in Köln. Dort erklärt Ascan Egerer, der Beigeordnete für Mobilität gegenüber dem WDR: "Wir als Kommune benötigen dringend mehr Gestaltungsfreiheit in der Entscheidung, Tempo 30 anzuordnen."
Stadträtin Melanie van der Horst bei der Einführung von Tempo 30 in Amsterdam
Man sehe inzwischen immer mehr Städte in Europa, in denen das niedrigere Tempolimit die Unfallzahlen und negative Umwelteinflüsse reduziert, heißt es von der Stadt Köln. Deshalb blicke man auch aufmerksam nach Amsterdam, wo man das neue Tempolimit im Einklang mit der niederländischen Gesetzgebung umsetzen konnte.
Gesetzesreform gerade erst gescheitert
Das ist in Deutschland nicht so einfach möglich. Das deutsche Straßenverkehrsgesetz müsste dafür genauso wie die Straßenverkehrsordnung vom Bund geändert werden. Das hatte die Regierung zumindest in Teilen eigentlich gerade auch vor. Die Reform von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) ist allerdings Ende November im Bundesrat gescheitert.
Hoffnungen wurden enttäuscht
"Deshalb sind wir maximal enttäuscht", gibt die Aachener Beigeordnete für Mobilität Frauke Burgdorff zu. Sie ist auch Sprecherin der Initiative "Lebenswerte Städte und Gemeinden", der inzwischen bundesweit mehr als 1.000 Kommunen angehören.
Die hatten sich von der Gesetzesnovelle zumindest mehr Spielraum erhofft, um selbst zu entscheiden, wo und wann Tempo 30 sinnvoll ist. "Bisher sind mir da zum Beispiel in Aachen viel zu oft vom Gesetzgeber die Hände gebunden", sagt Burgdorff.
Mehr Sicherheit und weniger Staus
Anders als in Amsterdam sei es gar nicht um ein flächendeckende Reduzierung der Geschwindigkeit gegangen, heißt es auch vom Städte- und Gemeindebund NRW. Die Kommunen wollten lediglich mehr Gestaltungsspielräume für die Verkehrswende, so ein Sprecher: "Das heißt weniger Staus und dafür mehr Raum für die Menschen." Entsprechend habe die Vollbremsung im Bundesrat für Enttäuschung gesorgt.
Autos stauen sich auf der Bonner Reuterstraße
Auch die Bonner Oberbürgermeisterin Katja Dörner (Bündnis90/Die Grünen) setzt sich für mehr Tempo 30 ein. Die reduzierte Höchstgeschwindigkeit mache die Straßen sicherer, heißt es von der Stadt. Das komme insbesondere denen zugute, "die zu Fuß, mit dem Fahrrad unterwegs oder mobilitätseingeschränkt sind". Außerdem würden die Straßen leiser und das Leben für Anwohner angenehmer und gesünder.
Neidisch auf Amsterdam
Mit Blick auf Amsterdam sei sie durchaus neidisch, gibt Frauke Burgdorff aus Aachen zu. Vor allem weil die Regelung dort jetzt zu mehr Einheitlichkeit führe, die alle am Verkehr Beteiligten entlasten werde. Sie wünscht sich für die Kommunen hierzulande mehr Möglichkeiten zur Selbstbestimmung und Selbstorganisation. Deshalb hofft sie, dass es für die gescheiterte Gesetzesnovelle noch eine Chance im Vermittlungsausschuss gibt.