Mehr als 50.000 Euro sollen die sogenannten "Luxus-Schleuser" zwei Kreisverbänden der CDU und der Junge Union gespendet haben. Die Spenden flossen im Zeitraum von 2020 bis 2023. Jetzt wurde bekannt: Knapp 30.000 Euro, die direkt an den Kreisverband von NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) adressiert waren, sollten explizit der Unterstützung seiner politischen Arbeit dienen: 9.990 Euro von dem Frechener Rechtsanwalt Claus Brockhaus, außerdem je 9.990 Euro von zwei Firmen, in denen Brockhaus Geschäftsführer war. Der Kölner Stadtanzeiger hatte zuerst darüber berichtet.
Der 42-Jährige war zwischenzeitlich festgenommen worden und in Untersuchungshaft, wurde aber am Dienstag gegen Zahlung einer Kaution vorerst entlassen. Der zweite Hauptverdächtige, der Kölner Anwalt Johannes Dähnert, stellte sich ebenfalls am Dienstag auf dem Düsseldorfer Flughafen der Polizei. Dähnerts Anwalt hatte bereits bestätigt, "dass er heute wiederkommen und sich den Behörden stellen würde, um sich dem Verfahren zu stellen."
Innenminister Reul: "Kein außergewöhnlicher Vorgang"
Reul bestätigte am Mittwoch dem WDR gegenüber noch einmal, die Spenden an seinen Rheinisch-Bergischen Kreis erhalten zu haben "von demjenigen, der jetzt beschuldigt wird in einem Strafverfahren". Sie hätten den Vermerk getragen, "dass das Spenden sind, die meine Arbeit unterstützen sollen". Da es die Zeit des Landtagswahlkampfs war, sei das Geld für den Wahlkampf gedacht gewesen, fügte Reul hinzu. Die Höhe der Spenden seien "kein außergewöhnlicher Vorgang" in Wahlkampfzeiten.
"Er sei in der Lage, mir zu helfen"
Er habe sich damals nach dem Spender erkundigt, sagte Reul. Die Auskünfte seien "sehr eindeutig" gewesen: "Erstens in der CDU, zweitens in der CDU engagiert, sehr bekannt mit vielen in der CDU, im katholischen Bereich tätig gewesen."
Brockhaus' Beraterfirma habe er schon seit langem gekannt, sagte Reul. Die Erkenntnisse seien für ihn "ein klares Zeichen" gewesen: Der Mann sei untadelig, habe einen religiösen Hintergrund und werde "keinerlei Probleme bereiten".
Bei einem persönlichen Treffen habe Brockhaus gesagt, er sei "durchaus in der Lage, mir zu helfen". Man habe über mögliche Gesprächskontakte gesprochen oder über Aussichten, neue Leute aus seinem Bekanntenkreis kennenzulernen. Dass der Anwalt illegale Aufenthaltsgenehmigungen beschaffen würde, habe er bis zur jetzigen Berichterstattung nicht gewusst, beteuerte Reul.
CDU legt Spendeneingänge offen
Die CDU NRW hat inzwischen einen ersten Kassensturz veröffentlicht. Bislang habe man in den Jahren 2020 bis 2023 acht Einzelspenden von Claus Brockhaus und seinem Firmennetzwerk in einer Gesamthöhe von 52.500 Euro gezählt. Der CDU-Kreisverband Rhein-Erft erhielt demnach insgesamt 12.500 Euro, der CDU Kreisverband Rhein-Berg knapp 30.000 Euro und die Junge Union NRW 10.000 Euro.
Alle Spendeneingänge seien gemäß dem Parteiengesetz ordentlich angezeigt worden, beteuert die NRW-CDU. Man habe die Vorgänge der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft offen gelegt.
Keine Bekanntgabepflicht des Spendernamens
Dass der Anwalt Reul in drei Einzelspenden von genau 9.900 Euro bedachte, ist möglicherweise kein Zufall. Nach dem geltenden Parteiengesetz muss bei Spendeneingängen unter 10.000 Euro der Name des Spenders nicht öffentlich angegeben werden.
Die Staatsanwaltschaft geht bisher nicht dem Verdacht nach, dass die Spenden an Reuls Kreisverband im inhaltlichen Zusammenhang mit den mutmaßlich kriminellen Machenschaften von Brockhaus steht. Anders liegt der Fall im CDU-Kreisverband Rhein-Erft.
Dieser hatte ebenfalls 12.500 Euro von Brockhaus und dessen Umfeld erhalten. Hier gibt es einen Anfangsverdacht der Ermittler und ein CDU-Politiker ist beschuldigt im Gegenzug für die Spenden das mutmaßliche Schleuser-Netzwerk unterstützt zu haben.
Transparency Deutschland fordert mehr Transparenz
Der Verein Transparency Deutschland kritisiert grundsätzlich, dass die Bekanntgabepflicht von Parteispenden deutlich gesenkt werden müsse. "Wir wollen Transparenz schon ab 2.000 Euro", sagte NRW-Sprecherin und Rechtsanwältin Karin Holloch dem WDR.
Denn genau die Fragen, die jetzt im Zusammenhang mit den weiteren Brockhaus-Spenden aufkämen - "sollten hier kriminelle Machenschaften durch Parteispenden kaschiert werden" - würden Bürger sich stellen. "Mit mehr Transparenz bei Parteispenden würden solche Fragen früher beantwortet werden", so Holloch.
Bürger würden fragen: Warum spendet jemand so viel Geld?
Bei einer Spende von 30.000 Euro stelle sich die Frage, ob jemand so viel Geld aufbringe, um damit "nichts erreichen zu wollen", mutmaßt Holloch. "Wenn Bürger und Bürgerinnen die Möglichkeit hätten, solche Vorgänge selber beobachten zu können, könnten sie auch nachfragen, wer da versucht, Einfluss zu nehmen auf unsere politischen Entscheidungen."
Unsere Quellen
- Recherchen des Kölner Stadtanzeigers
- Interview mit Herbert Reul
- Interview mit Karin Holloch von Transparency Germany
- Anwälte der Beschuldigten
- WDR-Recherchen
Über dieses Thema haben wir am 15.5.24 auch in der Aktuellen Stunde im WDR Fernsehen berichtet.