Download-Desaster: Technische Ursache für Abi-Panne geklärt
Stand: 21.04.2023, 14:39 Uhr
Schulministerin Feller (CDU) hat in einer Sondersitzung des Schulausschusses erklärt, ein Fehler auf Seiten des externen IT-Dienstleisters habe den Download verhindert.
Von Sabine Tenta
In einer von der SPD beantragten Sondersitzung des Schulausschusses des NRW-Landtags hat Schulministerin Dorothee Feller (CDU) neue Details zur Verschiebung des Abitur-Prüfungstermins mitgeteilt. Demnach ist die Ursache für das Download-Debakel gefunden: Die Ministerin sagte, beim externen IT-Dienstleister habe es auf den beiden Servern, die für das Zentralabitur vorgesehen waren, im Mai 2022 ein relevantes Update gegeben.
Danach seien die Server nicht mehr in der Lage gewesen, den Zugriff von 900 Schulen gleichzeitig zu bewältigen. Feller sprach von einer "nicht optimalen Dimensionierung des Systems". Offenbar waren die Maschinen infolge des Updates dem Ansturm auf die Daten nicht mehr gewachsen. Bei einem Probelauf im Dezember 2022 sei dies nicht aufgefallen. An dem erfolgreichen Test waren 241 von rund 900 Schulen beteiligt.
Verhinderte Fehler im Ministerium den Plan B?
Ausführlich schilderte die Ministerin den Ablauf der Stunden am Dienstag, die zwischen dem ersten Auftreten der Probleme gegen 13.10 Uhr und der finalen Absage des Prüfungstermins am Mittwoch lagen. Sie erfolgte erst gegen 20.30 Uhr. Interessant ist dabei ein Fehler, der im Ministerium gemacht wurde, bei dem Versuch, den Download der Klausur-Aufgaben über einen Server des Ministeriums anzubieten.
Laut Feller wurde das Datenpaket auf den eigenen Server hochgeladen. Parallel habe man bereits eine E-Mail mit dem neuen Workflow an die Schulen vorbereitet. Diese Mail sei wegen eines Fehlers bereits verschickt worden, als erst 96 Prozent des Uploads erfolgt waren. Dadurch gab es während des Uploads bereits Download-Versuche der Schulen. Darum sei der Server des Ministeriums zeitweise nicht mehr zu erreichen gewesen.
Rest des Abis mit weiterer technischer Absicherung
Oberste Priorität hat für Ministerin Feller nun ein reibungsloser Ablauf des Abiturs. Um dies zu gewährleisten, habe man die in diesem Jahr neu eingeführte Zwei-Faktor-Authentifizierung entfernt und sei zu den alten, bereits hohen Sicherheitsstandards zurückgekehrt. Bei dem Download zur Prüfung am Freitag habe man auch auf ein Video verzichtet, das zwischenzeitlich im Verdacht stand, die Probleme verursacht zu haben.
Um weitere Fehler zu verhindern, habe man nun zudem zwei eigene "Auffanglösungen" erarbeitet, die technisch unabhängig sind vom IT-Dienstleister. "Wir haben einen Plan C und D", versicherte die Ministerin.
Bislang hat das Ministerium übrigens nach eigenen Aussagen keinerlei Anzeichen für ein Leak von Prüfungs-Daten oder einen Zugriff von außen, also einen Hacker-Angriff.
Feller gesteht Fehler in Kommunikation ein
Die Schulministerin erklärte auch, warum den Medien gegenüber keine Zwischenstände kommuniziert worden sind. Man habe sich in die Lage der Abiturientinnen und Abiturienten versetzt und wollte "eine gravierende Verunsicherung" verhindern.
Die Kritik an der Kommunikation des Ministeriums "habe ich mir zu Herzen genommen", sagte Feller und ging in die Charme-Offensive Richtung Medien: Sie wisse, "wie verantwortungsvoll in unserer Medienlandschaft in Nordrhein-Westfalen" mit vertraulichen Informationen umgegangen werde. Aus heutiger Sicht würde sie die Presse und die Abgeordneten früher "vertraulich informieren".
Feller wehrte sich gegen den Vorwurf, "wir sind abgetaucht und nicht erreichbar gewesen", das sei schlicht falsch. Die Schulen seien kontinuierlich per E-Mail informiert worden. Zudem habe es auf der Login-Seite für den Download einen Hinweis auf die Probleme gegeben, als sich abzeichnete, dass diese andauern.
Verteidigung des Freitags-Termins
Mehrere Abgeordnete wollten von der Ministerin wissen, warum die Prüfungen von Mittwoch auf Freitag verschoben wurden, trotz des an diesem Tag stattfindenden Zucker- oder auch Ramadan-Festes. Die Ministerin sagte, man habe sich trotz der Kollision mit dem Zuckerfest dafür entschieden.
Die Alternative wäre gewesen, dass die Abiturientinnen und Abiturienten in der kommenden Woche drei Klausuren hätten schreiben müssen. Eine Verschiebung an das Ende der Klausurenphase habe man verworfen, weil dieser Termin zu nah an den Nachschreibeterminen gewesen wäre. Feller sprach wegen der frühen Sommerferien in NRW dieses Jahr von einem engen Zeit-Korsett.
Fehler Abi-Klausuren wurden rechtzeitig korrigiert
Zuvor war bekannt geworden, es Fehler in Abiturklausuren der Fächer Biologie und Informatik gegeben hatte. Ein Sprecher des NRW-Schulministeriums bestätigte dem WDR am Vormittag die Vorfälle. Die Arbeitsblätter seien korrigiert und neu verschickt worden. Die Klausuren konnten normal durchgeführt werden. Es habe keine vermehrten Anfragen bei der Hotline des Ministeriums gegeben, was dafür spreche, dass solche Fehlerkorrekturen "ein normales Verfahren" seien.
Auch in der Sondersitzung des Ausschusses bezog das Ministerium Stellung zu den fehlerhaften Klausuren und ordnete die Dimension ein: Im Abiturverlauf 2022 habe es insgesamt Klausuren mit rund 12.000 Seiten gegeben. Dazu habe es 15 Hinweise per E-Mail auf nötige Korrekturen vonseiten der Lehrkräfte gegeben. Dabei habe es sich um Fehler gehandelt wie "in der Bildunterschrift muss es Abbildung 2, statt Abbildung 1 heißen".
Fehler in Klausuren bereits früher aufgetaucht
Dass Lehrkräfte Fehler in den Klausuren des Zentralabiturs entdecken, kommt nicht zum ersten Mal vor. In der Vergangenheit sind immer wieder Schüler an unentdeckten Fehlern im NRW-Zentralabi oder auch an zu schweren Aufgaben verzweifelt. Eine Mathematikaufgabe aus den Prüfungen im Jahr 2008 ist unter dem Schlagwort "Oktaeder des Grauens" in die Geschichte eingegangen und hat sogar einen eigenen Wikipedia-Eintrag.