*Hinweis: In diesem Text geht es öfter um die Gegenüberstellung von männlich und weiblich gelesenen Personen. An einigen Stellen ist es dem Inhalt geschuldet, dass wir eine geschlechtergerechte Sprache umgehen und nur die binäre Formulierungsweise von Mann und Frau bzw. das Wort Geschlechter nutzen.
Weltfrauentag & Co.
Gleiche Rechte, gleiche Pflichten, gleiche Chancen: Gleichstellung der Geschlechter in allen Lebensbereichen zu erreichen, ist ein andauerndes Unterfangen. Einzelne Aktionstage, wie zum Beispiel der Weltfrauentag am 8. März, können aber dazu beitragen, die mediale Aufmerksamkeit immer mal wieder verstärkt auf Missstände zu lenken. In Berlin ist der Tag seit 2019 ein gesetzlicher Feiertag, in Mecklenburg-Vorpommern seit 2023.
Der Equal Pay Day markiert den Tag, bis zu dem Frauen rechnerisch unbezahlt arbeiten und macht somit auf die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen aufmerksam. Der Tag wird regelmäßig neu festgelegt, 2024 war es der 06. März. Das fixe Datum des Equal Care Days am 29. Februar hat symbolischen Charakter: Es steht für die Unsichtbarkeit der Mehrarbeit, die Frauen durch Sorgearbeit leisten.
So groß ist der Gender Pay Gap
Frauen haben im Jahr 2023 in Deutschland pro Stunde durchschnittlich 18 Prozent weniger verdient als Männer. Das zeigt der unbereinigte Gender Pay Gap an, der vom Statistischen Bundesamt ermittelt wird. Unbereinigt heißt er, weil er sich lediglich auf die durchschnittlichen Stundenverdienste von Männern und Frauen konzentriert.
Frauen arbeiten häufiger in Teilzeit, unterbrechen ihre Karriere öfter für die Familienplanung und erreichen seltener Führungspositionen. Diese strukturellen Faktoren fließen in die Berechnung des bereinigten Gender Pay Gaps ein. Aktuell beträgt er in Deutschland 6 Prozent. Das bedeutet, dass Frauen im Jahr 2023 selbst bei gleicher Arbeit und Qualifikation 6 Prozent weniger Gehalt bekommen haben als Männer.
So groß ist der Gender Care Gap
Hausarbeit, Pflege von Angehörigen, Kinderbetreuung: Der Gender Care Gap zeigt, wie unterschiedlich hoch der Zeitaufwand ist, den Frauen und Männer für unbezahlte Sorgearbeit aufbringen. Aktuell beträgt er laut Zeitverwendungserhebung des Statistischen Bundesamts in Deutschland 43,8 Prozent. Das sind 77 Minuten Unterschied pro Tag. Im Vergleich zur letzten Erhebung 2012/2013 hat er sich um 8,6 Prozent verringert.
Sichtbarkeit bedeutender Frauen stärken
Marie Curie oder Frida Kahlo: Es gibt nicht viele Frauen aus der Geschichte, über die wir bis heute noch sprechen. Bis 2022 waren nur rund 20 Prozent der Biografien auf Wikipedia über Frauen. Mit dem Projekt Hack the Wiki Gap wurde daher ein Jahr lang daran gearbeitet, fehlende Biografien zu ermitteln und den Gender Gap in der Online-Enzyklopädie zu verringern.
Hack the Wiki Gap ist eines von vielen Projekten des Metavorhabens Innovative Frauen im Fokus, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird. Mit solchen und ähnlichen Ideen sollen wissenschaftliche Leistungen und innovative Ideen von Frauen in der Gesellschaft insgesamt sichtbarer gemacht werden.
Eine andere Initiative: In Hannover gibt es eine Stadtführung, die die Geschichten “vergessener” Frauen wiederbeleben möchte. Während des Spaziergangs durch die Stadt berichten die Guides von mutigen Frauen, die sich in der Vergangenheit verschiedenen Widrigkeiten gestellt haben. Ähnliche Angebote gibt es auch an weiteren Orten, wie Düsseldorf oder Köln.
Es ist wichtig, dass Frauen in der öffentlichen Wahrnehmung sichtbarer werden. Das beweist zum Beispiel der “Scully Effekt”: Dana Scully war in den 90er Jahren die Protagonistin der erfolgreichen FBI-Serie Akte X. Bis dahin waren Frauen auf der Leinwand selten in männlich-dominierten Berufen zu sehen. Frauen, die die Serie in ihrer Jugend geguckt haben, haben sich häufiger für eine Karriere im naturwissenschaftlichen oder technischen Bereich entschieden. Das hat eine Umfrage ergeben, die von einem Medienforschungsinstitut durchgeführt wurde. Scully wurde also zum Vorbild vieler Frauen.
Mädchen können Informatik, Jungs können Pflege
Heutzutage wird im öffentlichen Diskurs weniger stark in klassische Männer- und Frauenberufe unterteilt. Trotzdem gibt es Berufszweige, in denen das Geschlechterverhältnis nicht ausgeglichen ist. Was dabei auffällt: Frauen arbeiten häufiger in schlechter bezahlten Berufen und sind in den lukrativeren Branchen unterrepräsentiert. Auch ein Grund für die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen.
Im oft besser bezahlten MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) gibt es zum Beispiel weniger Frauen als Männer. Um das zu ändern hat die Initiative YouCodeGirls eine digitale Programmier-Plattform entwickelt, die speziell Mädchen und junge Frauen für Coding und KI begeistern soll. Das vielfältige Lernangebot reicht vom Anfängerlevel bis zum Expert:innenwissen.
Auch im Handwerk gilt: Klischees waren gestern. Der Anteil der weiblichen Azubis in handwerklichen Berufen ist in den letzten Jahren laut des Zentralverbands des Deutschen Handwerks deutlich gestiegen. Es gibt zahlreiche Kampagnen und Projekte, die schon bei der Berufsorientierung ansetzen, um Frauen für handwerkliche Berufe zu ermutigen.
Eines ist zum Beispiel das Programm des Handwerkerinnenhauses in Köln. Unter fachlicher Anleitung können Frauen in dem Verein schreinern, schrauben und bauen. Sozialpädagog:innen vor Ort helfen ihnen auch bei der Berufs- und Lebensplanung und vermitteln Praktika oder Ausbildungsplätze. Auch erwachsene Frauen können dort Kurse besuchen, wie zum Beispiel „Reparaturen im Haus“ oder „Goldschmieden“.
Kick it like Prinz? Gleichstellung im Sport
Das Projekt Klischeefrei im Sport will erreichen, dass Stereotype in der Sportkultur aufgebrochen werden und die Teilhabe von Menschen aller Geschlechter fördern. Dafür arbeiten sie zum Beispiel daran, die Sichtbarkeit diverser Vorbilder im Sport zu erhöhen, zu denen junge Menschen aufblicken können. Denn, egal ob im Fußball, im Rennsport oder beim Skispringen: In der medialen Öffentlichkeit bekommen männliche (Spitzen-)Sportler aktuell die meiste Aufmerksamkeit. Top Fußballerinnen wie Birgit Prinz sind aber eher unbekannt.
Insgesamt plant Klischeefrei im Sport unterschiedliche mediale Aufklärungsarbeit und praxisorientierte Angebote. Das Projekt wird vom Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) gefördert. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) sowie der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) sind bereits Kooperationspartner.
Natürlich behandeln die vorgestellten Projekte das Problem nur in Ansätzen und es liegt immer noch viel Arbeit vor uns als Gesellschaft, ehe die Gleichstellung für alle Geschlechter in allen Lebensbereichen vollständig erreicht ist. Gleichzeitig zeigen solche Initiativen aber, dass es Menschen gibt, die sich auf ganz unterschiedlichen Wegen und mit viel Kreativität, Ambition und Mut für dieses Ziel engagieren.
Warum Frauen medizinisch benachteiligt sind (quarks.de)
Geschichte des Frauenwahlrechts (planet-wissen.de)
Unerschrocken: Echte Heldinnen (ardmediathek.de)
Metavorhaben Innovative Frauen im Fokus (innovative-frauen-im-fokus.de)
Umfrage: Scully-Effekt (seejane.org)
Gender-Care-Gap (Statistisches Bundesamt) (destatis.de)
Zum Projekt: Hack the Wiki-Gap (torten-trompeten.de)
Gender-Pay-Gap (Statistisches Bundesamt) (destatis.de)
Digitale Lernplattform YouCodeGirls (youcodegirls.de)
Zentralverband des Deutschen Handwerks: Frauen im Handwerk (zdh.de)
Kommentare zum Thema
Viele Frauen lieben die sozialen Berufe und sind darin richtig gut. Diese wichtigen Berufen müssen besser bezahlt werden. Ist das so schwierig zu verstehen? Die Empfehlung in besser bezahlte Männerdomänen zu wechseln trifft es leider nicht. Das Schlimmste sind allerdings Sozialwissenschaftlerinnen die Frauen raten in technische Berufe zu wechseln und damit in den Bereich, den sie selber niemals betreten wollten.
Grundlegend geht es bei dem Ziel der Geschlechtergleichheit nicht darum, dass ALLE FRAUEN jetzt zu (noch) männerdominierten Berufen wechseln sollen und ALLE MÄNNER zu (noch) frauendomonierten Berufen wechseln sollen, sondern lediglich darum, dass Frauen überhaupt die MÖGLICHKEIt haben, in diesen Berufen angenommen uns akzeptiert, sowie auch toleriert zu werden, genauso wie Männer überhaupt die MÖGLICHKEIT haben sollten, in männeruntypischen Berufen angenommen zu werden. Ja, soziale Berufe sollten besser bezahlt werden, aber unabhängig von den dort arbeitenden Geschlechtern und die -wie du es nennst- "Männerdomäne" sollte auch nicht nur gut bezahlt sein, weil dort hauptsächlich Männer arbeiten. Es geht hierbei um gleiche Grundbedingungen für alle Geschlechter, egal, was Einzelpersonen daraus machen. Ist das so schwierig zu verstehen?
Wenn das Handwerk dreckig oder anstrengend wird (z.B. Abwasserpumpen warten, Dach decken) sind die Handwerkerinnen ganz schnell weg. Das dürfen Männer machen.
Wenn die Gesellschaft das Frauen und Mädchen VON ANFANG AN einredet, durch Bücher, Fernsehen und Verhalten älterer Menschen, dass Frauen solche Aufgaben nicht machen können, werden sie sich zwinglich auch später so verhalten, da sie es nicht anders gelernt haben. Hierfür sind genau die oben genannten Projekte auch gut, um gegen diese Vorurteile anzukämpfen. Dann gibt es auch mehr Frauen, die solche "Drecksarbeit" machen, mehr MENSCHEN, die diese Aufgaben machen, UNABHÄNGIG VOM GESCHLECHT. Das dürfen dann alle Geschlechter machen.
Frauen werden älter als Männer. Deshalb bekommen sie länger und damit mehr Rente, obwohl sie die gleichen Beiträge wie Männer zahlen. So sieht die gesellschaftlich akzeptierte Gerechtigkeit aus.