1. Schulfach Finanzen
Wie lege ich mein Geld sinnvoll an? Brauche ich einen Bausparvertrag und wie mache ich meine Steuererklärung? Diese und weitere Fragen könnten im Unterrichtsfach Finanzen beantwortet werden. Wir wären dann besser auf das Leben nach der Schulzeit vorbereitet, das mit Verträgen, Versicherungen und Altersvorsorge-Themen auf uns wartet.
Das Wissen über Finanzen scheint bei uns in Deutschland ausbaufähig zu sein, darauf deutet unter anderem eine Befragung der BaFin hin. Auffällig: Männer beantworten die dort gestellten Finanzfragen öfter richtig als Frauen.
Wenn in einem extra Schulfach Grundlagen über Finanzen vermittelt würden, dann könnte das auch für mehr Chancengerechtigkeit sorgen, denn: unabhängig unseres Geschlechts, des sozialen Hintergrunds und unseres Bildungsabschlusses bekommen wir alle das erforderliche Wissen über Geld in der Schule vermittelt und würden so finanziell selbstbestimmter.
In NRW wurde im Schuljahr 2020/2021 das Fach "Wirtschaft" an allen Schulformen neu eingeführt. Den Schüler:innen sollen sowohl alltagsnahe Themen, wie beispielsweise die eigene soziale Sicherung, nähergebracht als auch Kenntnisse über die soziale Marktwirtschaft und BWL vermittelt werden. Allerdings traf die Entscheidung auf viel Kritik, da dafür das Fach Sozialwissenschaften verschwand.
2. Medienkunde auf dem Stundenplan
2023 haben in einer Befragung zum Umgang mit Medien 96 Prozent der befragten 12- bis 19-Jährigen angegeben, ein Smartphone zu besitzen. Ungefähr drei Viertel der Befragten haben ein eigenes Laptop oder einen Computer. Wo aber erhalten sie die Kompetenzen, die es für die Teilhabe an einer digitalen Gesellschaft braucht und die über technische Kenntnisse hinausgehen?
Die Herausforderungen werden schließlich immer größer: Die Verbreitung von Desinformation nimmt mehr Raum ein und Werbung ist nicht immer als solche erkennbar. Laut Reuters Institute Digital News Report haben 56 Prozent der Menschen weltweit Bedenken, Fake News nicht von realen Nachrichten unterscheiden zu können. Nachrichtenkompetenz ist also eine Schlüsselqualifikation, die in einem extra Fach wie Medienkunde vermittelt werden könnte.
In einem Pilotprojekt in Hessen wird testweise seit September 2022 an zwölf unterschiedlichen Schulen in zwei freiwilligen Unterrichtsstunden pro Woche das Fach "Digitale Welt" unterrichtet. Über den bekannten Informatikunterricht hinaus soll es auch um Datenschutz und Cyberkriminalität gehen. Das Projekt stößt auf viel positive Resonanz und soll zukünftig ausgeweitet werden.
3. Glück im Unterricht lernen
PQ-Formel oder Photosynthese – in der Schule lernen wir vor allem "Hard Skills". Wie wir mit Rückschlägen umgehen oder unseren Weg zum Glück finden, lernen wir für gewöhnlich nicht im Klassenzimmer.
Ginge das? Können wir Glück überhaupt lernen? Dr. Ernst Fritz-Schubert, ehemaliger Oberstudiendirektor, ist davon überzeugt und führte 2007 das Unterrichtsfach Glück an seiner Schule in Heidelberg ein. Es soll Kindern und Jugendlichen unter anderem dabei helfen, ihre Stärken zu entdecken, zu fördern und für sich zu nutzen – was zu einem stabilen Selbstwert und einer höheren Lebenszufriedenheit führe.
Weltweit gibt es einige weitere Projekte, die sich mit dem Thema beschäftigen. Für 500 Grundschulkinder in Braunschweig beispielsweise stand im Schuljahr 2022/2023 ebenfalls "Glück" auf ihren Stundenplänen. Darin lernten sie durch unterschiedliche Techniken, wie sie positive Emotionen stärken und mit negativen Emotionen besser umgehen können. Die Resonanz der Schüler:innen und Eltern auf das Projekt war positiv.
4. Nachhaltigkeit / Klima in der Schule
Die Klimakrise ist eins der wichtigsten Themen unserer Zeit. In Italien sind Umweltschutz und nachhaltige Entwicklung deshalb seit 2020 fester Bestandteil des Stundenplans innerhalb des neuen Fachs "Educazione Civica“ (Gesellschaftliche Bildung). Für dieses Fach müssen pro Schuljahr mindestens 33 Stunden aufgewendet werden.
Wäre ein eigenes Schulfach dafür der richtige Weg – oder sollten Themen wie Klima und Nachhaltigkeit lieber über Fächergrenzen hinweg gelehrt werden? Das forderte zum Beispiel die Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes, Simone Fleischmann. Sie sagte 2019, Nachhaltigkeit sei eine Querschnittsaufgabe, die in verschiedenen Fächern sinnvoll aufgegriffen werden könne.
Wie könnte das im Detail aussehen? Vielleicht würden wir in Mathe lernen, unseren eigenen ökologischen Fußabdruck zu berechnen, in Physik würden wir das Stromspar-Potenzial von Kühlschränken vergleichen und in Geografie würden wir uns anschauen, wie sich verschiedene Regionen durch den Klimawandel verändern.
5. Bildung zum Thema Mentale Gesundheit
Der Anteil der psychischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen steigt. Sie sind in der Altersgruppe der 10- bis 17-Jährigen mittlerweile die häufigste Ursache für eine stationäre Aufnahme im Krankenhaus. Sollten junge Menschen schon in der Schule lernen, warum psychische Gesundheit so wichtig ist und wo sie Hilfe und Unterstützung bekommen?
Das Zentrum für Prävention und Intervention im Kindes- und Jugendalter (ZPI) der Universität Bielefeld hat ein Unterrichtsprogramm entwickelt, das die mentale Gesundheitskompetenz von Schüler:innen fördern soll. In bis zu zwölf Unterrichtsstunden sollen sie etwa lernen, welche psychischen Erkrankungen es gibt.
Außerdem werden Strategien zum positiven Umgang mit Stress und Belastungssituationen vermittelt und psychische Erkrankungen sollen entstigmatisiert werden. Zielgruppe sind die 8.-10. Klassenstufe.
6. Kochen und Ernährung als Schulfach
Wir kommen nicht umhin – wir müssen essen und im besten Fall sollten wir auch wissen, wie Mahlzeiten zubereitet werden. Nicht immer ist es selbstverständlich, dass wir das zu Hause lernen. An einzelnen Schulen oder je nach Bundesland gibt es Koch- und Ernährungskunde, zum Beispiel im Rahmen von Hauswirtschaftslehre. Ein Standard-Schulfach ist es an vielen Schulen aber nicht.
Wenn es das Schulfach Kochen überall gäbe, würden wir nicht nur schon früh lernen, wie eine ausgewogene und gesunde Ernährung aussieht, sondern wüssten vielleicht auch mehr über die einzelnen Lebensmittel, deren Inhaltsstoffe, Erzeugung oder Herkunft. Jungen und Mädchen würden außerdem gleichermaßen an das Thema herangeführt.
7. Do it yourself / Werkunterricht
Schrauben, Nähen, Töpfern, Gärtnern: Das sind Fähigkeiten, die wir im Alltag – manche mehr, manche weniger – immer mal wieder gut gebrauchen können. Ähnlich wie bei der Koch- und Ernährungskunde gibt es Werkunterricht vereinzelt an Schulen mit alternativen Konzepten, längst aber nicht an allen.
Vielleicht wären wir durch solche Fähigkeiten insgesamt auch eigenständiger, weil wir problemlos die neue Lampe anbringen, die Lieblingshose flicken und den Küchenschrank selbst reparieren könnten und würden dadurch weniger wegschmeißen.
8. "Lebenskunde" in allen Fächern?
Neue Fächer zu etablieren, ist nicht einfach. Zum einen brauchen wir eigens dafür ausgebildete Lehrkräfte, zum anderen müssten andere Fächer – wie im Beispiel des neuen Wirtschafts-Fachs in NRW – dann vielleicht wegfallen.
Lehrer und Schulbuchautor Bob Blume schlägt daher vor, "Lebenskunde“ in bereits bestehende Fächer zu integrieren. Dadurch sollen Inhalte alltagsnaher werden. Blume schlägt vor: In Fremdsprachen könnte landestypisch gekocht, in der Mathematik vielleicht Steuern berechnet und in Wirtschaft etwa die Rente diskutiert werden. Dafür müssten die Lehrpläne aktualisiert werden und andere Themen wegfallen.
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Mehr Informationen zum Thema:
Finanzkompetenz von Erwachsenen im Jahr 2022 (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht)
Schulfach NRW (Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen)
JIM Studie 2023 (Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest)
Digital News Report 2023 (Germany) (Reuters)
“Schulversuch Unterrichtsfach "Digitale Welt” (Hessen.de)
Schulfach Glück (Fritz-Schubert-Institut)
Italien: "L'Educazione Civica" (Ministerio dell'Istruzione e del Merito)
Videos und Dokus für die Schule: (ardmediathek.de/lernen)
Förderung der psychischen Gesundheitskompetenz an Schulen (uni-bielefeld.de)
Kommentare zum Thema
Meiner Meinung nach sind das Aufgaben des Elternhauses. Man hat immer mehr den Eindruck das ein umfassendes Wissen in der Schule auf dem Silbertablett präsentiert werden soll. Es ist Aufgabe des Elternhaus die Kinder zu einem lebenstüchtigen Menschen zu erziehen. Die Schule soll nur wissen für Studium und Beruf vermitteln.
Aus eigener und Erfahrung mit 13 Jahren Schulzeit unserer Tochter: Die Lehrpläne straffen und entrümpeln, Mobbing, Alkohol- und Drogenkonsum in der Schule strikt unterbinden ("Null-Toleranz"), sowie kleinere Klassen wären ein echter Anfang. Einen Teil der Forderungen aus dem Artikel haben wir als Schüler vor über 30 (!) Jahren schon gestellt - erfolglos. Wenn Kinder dann noch das Lernen lernen, braucht´s eigentlich keine neuen Fächer.
Wie wäre es, vor allem einmal die Menge an Stoff zu entschlacken und stattdessen mehr Zeit in Dinge zu investieren, die nicht zähl- und bewertbar sind, wie Fairness, Diskussionskultur, Selbstbewusstsein und ähnliche Dinge. Auch Freizeit, in der Freundschaften und Hobbies gepflegt werden können, sind wichtig!