Weitere Ladenhüter für die Restebank
"Bad Bank" der WestLB schreibt tiefrote Zahlen
Stand: 16.04.2012, 15:54 Uhr
Die Erste Abwicklungsanstalt (EAA), die "Bad Bank" der Düsseldorfer WestLB, hat das Jahr 2011 mit einem Verlust von 878 Millionen Euro abgeschlossen. Hauptursache war die Euro-Krise.
Von Christoph Stehr
Abschreibungen auf griechische Staatsanleihen verhagelten der EAA die Jahresbilanz 2011, die am Montag (16.04.2012) in Düsseldorf vorgestellt wurde. Demnach waren die Papiere rund 848 Millionen Euro weniger wert als ein Jahr zuvor. Zusammen mit weiteren Wertberichtigungen summierte sich der Verlust auf 878 Millionen Euro. Trotzdem zeigte sich die EAA auf der Bilanzpressekonferenz verhalten optimistisch: Der Bestand an "toxischen" Wertpapieren sei 2011 um knapp 13 auf 51 Milliarden Euro geschrumpft. "Wir sind insgesamt deutlich schneller vorangekommen als ursprünglich geplant", sagten die EAA-Vorstandsmitglieder Markus Bolder und Matthias Wargers.
Die EAA ist keine normale Bank, sondern eine Art "Resterampe" für Geldanlagen, die infolge der Finanzkrise von 2008/2009 nahezu wertlos geworden waren. Damals drohten mehrere europäische Banken, die viel Geld in solche Papiere gesteckt hatten, pleite zu gehen – unter ihnen die WestLB. Die Große Koalition in Berlin reagierte, indem sie 2009 das "Gesetz zur Fortentwicklung der Finanzmarktstabilisierung" auf den Weg brachte und so den Banken erlaubte, Risikopapiere in "Bad Banks" auszulagern. Der Staat übernahm Garantien in Milliardenhöhe.
Bangen vor dem 1. Juli
Um handlungsfähig zu bleiben, übertrug die WestLB fast ein Drittel ihres gesamten Portfolios an die EAA – das Gesamtvolumen lag bei ursprünglich 77,5 Milliarden Euro. Die Eigentümer, das Land NRW und die Sparkassenverbände Rheinland und Westfalen-Lippe, sowie der Bund statteten die EAA Anfang 2010 mit Eigenkapital von 3,1 Milliarden Euro aus. Das meiste davon ist aufgebraucht, wie die Jahresbilanz 2011 zeigt: "Auf der hohen Kante" liegen nur noch 600 Millionen Euro.
Und die Luft wird immer dünner für die EAA. Wenn die WestLB nach dem Willen der EU-Kommission zum 30. Juni zerschlagen wird und vom Markt verschwindet, landen weitere "Ladenhüter" in der Restebank, etwa die Immobilientochter WestImmo. "Die sogenannte Nachbefüllung stellt uns erneut vor große Herausforderungen, doch wir sind dafür gerüstet", sagte Vorstandsmitglied Bolder. Das Volumen der zusätzlich zu schulternden Wertpapierbestände kann nach EAA-Angaben an 100 Milliarden Euro heranreichen. Diese Einlagen müssten die Eigentümer und der deutsche Staat nach den gesetzlichen Bestimmungen mit mehreren Milliarden Euro absichern.
Aus eins mach drei
Die EAA ist nur eines von drei Relikten der WestLB. Die beiden anderen Überbleibsel sind die neue, an die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) angedockte Verbundbank sowie die Service- und Portfoliomanagementbank (SPM) als Rechtsnachfolger der WestLB. Die Verbundbank soll mit rund 400 Beschäftigten das Geschäft mit den NRW-Sparkassen, mittelständischen Firmenkunden und Kommunen von Düsseldorf aus fortführen. Die SPM ist wie die EAA keine richtige Bank, sondern nur Dienstleister für die Verbundbank, die EAA und – noch nicht identifizierte – Dritte. Nach den bisherigen Plänen startet die SPM, die ab 1. Juli zu 100 Prozent dem Land NRW gehört, mit 1.000 Beschäftigten.
Obwohl die WestLB bald Geschichte ist, wird sie noch lange für Zündstoff in der Landespolitik sorgen. Schließlich bleiben das Land NRW und die NRW-Sparkassen am Stammkapital der EAA beteiligt, das heißt, sie haften weiterhin für deren Risiken. Bis 2027 soll der Ausverkauf der schwerverkäuflichen Geldanlagen abgeschlossen sein. Ob das gelingt, weiß niemand.
Zähe Neuordnung
Die Erfahrungen aus dem unrühmlichen Ende der WestLB werden über NRW hinaus eine Rolle spielen. Die Neuordnung des Landesbankensektors hat schließlich erst begonnen. Sie hängt mit der Reform des Föderalismus in Deutschland zusammen – eine Herkulesaufgabe, die die Politik auf Jahrzehnte beschäftigen dürfte. "Die Strukturen im Landesbankensektor haben trotz anderer Erwartungen ein großes Beharrungsvermögen an den Tag gelegt und werden wohl auch in Zukunft sich nur eher langsam ändern", meint Professor Stefan Stein, Geschäftsführer des Instituts für Kredit- und Finanzwirtschaft an der Ruhr-Universität Bochum. "Ökonomisch sinnvoll wäre eine Reduzierung der Zahl der Institute auf vielleicht drei oder vier."