Microsoft startet Konkurrenz zu Street View
Streetside still und (fast) heimlich gestartet
Stand: 27.12.2011, 16:11 Uhr
Ohne viel Lärm hat Microsoft seinen Panoramadienst Streetside gestartet - die Konkurrenz zu Google Street View. Die große Aufregung ist diesmal jedoch ausgeblieben: Bei Street View wollten noch mehr als dreimal so viele Deutsche ihr Haus verpixeln lassen.
Von Dennis Horn
Online im 360°-Panorama durch Deutschlands Straßen wandern, die vorher von speziellen Kameraautos fotografiert worden sind - das geht jetzt auch in "Bing Maps", dem Kartendienst von Microsoft. Dafür sind Kameraautos Straßen in ganz Deutschland abgefahren. Bisher sind vor allem Städte in Süddeutschland online, darunter München, Augsburg und Nürnberg, die Region um Stuttgart oder das Rhein-Main-Gebiet. Außerdem sind ein paar Straßenzüge aus Berlin zu sehen - und auch auf die Region von Bottrop über Essen bis Velbert sowie Düsseldorf und Neuss sind erste Blicke möglich - hier sind bisher aber nur die wenigsten Straßen online.
Die großen Ängste waren unbegründet
Microsoft Streetside funktioniert exakt so wie der Konkurrent von Google: Als Nutzer suchen wir uns eine Straße, die wir entlang wandern möchten. Mit einem Klick auf ein kleines Männchen leuchten alle Straßen blau auf, die fotografiert sind. Danach ziehen wir das Männchen an die gewünschte Stelle - und schon finden wir uns im 360°-Panorama auf dieser Straße wieder.
Google hatte mit Street View den ersten großen Straßenbilderdienst in Deutschland an den Start gebracht - und damit das Sommerloch 2010 gefüllt. Einwohner und Datenschützer gingen reihenweise auf die Barrikaden: Menschen hatten sogar Angst, dass online plötzlich auch Livebilder zu sehen sind - geschossen von der Straße durchs Fenster in die eigene Wohnung. Andere sahen in dem Panoramadienst das perfekte Werkzeug für Verbrecher, die den nächsten Einbruch planen.
In Google Street View verpixelt - in Streetside klar zu sehen
Google hat auf die Protestwelle reagiert - und speziell für Deutschland eine Widerspruchsmöglichkeit eingerichtet. Wer sein Haus in Street View nicht sehen wollte, konnte noch vor Start einen Antrag auf Verpixelung stellen. Diese Möglichkeit haben rund 244.000 Menschen genutzt.
Auch Microsoft hat sich dem Druck der deutschen Datenschützer gebeugt und vorab ein Widerspruchsformular angeboten - bekam aber nur von rund 80.000 Menschen einen Antrag auf Verpixelung.
Der Effekt jetzt: Wer parallel Straßen in Google Street View und der neuen Microsoft-Konkurrenz Streetside entlang geht, sieht lauter Häuser, die im einen Dienst verpixelt, im anderen aber klar und deutlich zu sehen sind. Die ersten solcher Häuser sind schon nach wenigen Minuten zu finden.
Microsofts Taktik: bloß keine neue Hysterie
Die Taktik von Microsoft scheint klar: warten, bis der Sturm vorüber ist. Livebilder aus dem eigenen Wohnzimmer? Einbruchspläne per Street View? Blicke vom Nachbarn über die eigene Hecke? Passiert ist nichts davon. Die Aufregung um Panoramadienste hat sich gelegt - möglicherweise auch deshalb, weil sich die Ängste nicht bewahrheitet haben.
Zusätzlich scheint Microsoft den Start sehr behutsam anzugehen: still und heimlich an Weihnachten, die Straßen werden erst nach und nach freigeschaltet - daran könnte es auch liegen, dass die große und laute Negativpresse wie bei Google Street View ausbleibt. Abgesehen davon haben viele Menschen Google schon damals als Datenkraken empfunden - Microsoft hatte mit einem solchen Image nie zu kämpfen.
Die anderen Städte folgen 2012
Noch fehlen in Streetside viele Städte vor allem aus Nordrhein-Westfalen. Düsseldorf und Neuss sind laut Microsoft seit kurzem fertig fotografiert; das Material von dort wird zurzeit aufbereitet. Zum Teil sind außerdem noch Kameraautos unterwegs: Bis zum Jahresende fahren sie in Köln, Dortmund, Mönchengladbach, Bergisch Gladbach sowie zwischen Rheinland und Ruhrgebiet. Die Fotos von hier folgen im nächsten Jahr.
Wer noch immer Einspruch einlegen und sein Haus im Netz nur verpixelt sehen möchte, kann das übrigens sowohl bei Street View als auch bei Microsoft noch immer tun. Was beide Dienste aber nicht anbieten: Die Verpixelung wieder zu entfernen. Einmal verpixelt, immer verpixelt. Google scheint die Datenschutzdiskussion in Deutschland zurzeit auch satt zu sein: Neue Kamerafahrten sind erst einmal nicht geplant.