Zweifelhafte Immobiliengeschäfte
Landtag: Ausschuss soll BLB-Affäre aufklären
Stand: 18.05.2011, 20:26 Uhr
Seit Monaten ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen dubioser Immobiliengeschäfte des BLB. Das Thema wird nun auch politisch aufgearbeitet: Der Landtag setzt einen Untersuchungsausschuss ein.
Von Christina Hebel
Demnächst wird im NRW-Landtag der eine oder andere prominente Politiker auftreten und sagen müssen, warum niemand etwas unternahm, als die Kosten bei den Geschäften des BLB so explodierten. Am Mittwoch richtete der Landtag einen - von allen Fraktionen getragenen - Untersuchungsausschuss ein. Das Ziel: Er soll die politische Verantwortung zweifelhafter Immobiliengeschäfte aufklären, die den Steuerzahler mehrere Millionen Euro gekostet haben.
Peter Biesenbach soll Kontrollgremium leiten
Dabei werden die elf zuständigen Abgeordneten auch die Strukturen des BLB durchleuchten und prüfen, ob die Landesregierung Parlament und Öffentlichkeit ordentlich informiert hat. Den Vorsitz soll der CDU-Abgeordnete Peter Biesenbach übernehmen.Rede und Antwort stehen müssen dann auch der ehemalige Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU), die ehemaligen Innen- und Wissenschaftsminister Ingo Wolf und Andreas Pinkwart (beide FDP) sowie der frühere Finanzminister Helmut Linssen.
"Leuchtturmprojekt" Landesarchiv
Das parlamentarische Kontrollgremium will sich insbesondere vier Vorhaben des BLB genauer anschauen: den Grundstückskauf für die Fachhochschule Köln, den Kauf des Schlosses Kellenberg, den Erweiterungsbau des Polizeipräsidiums Köln-Kalk und den Neubau des Landesarchivs im Duisburger Hafen. Letzteres ist nicht nur wegen der Kostenexplosion ein zentrales Projekt. Statt wie geplant 30 Millionen Euro betragen die Kosten für das neue Landesarchiv nun geschätzt 160 Millionen Euro. Das ehrgeizige Projekt sollte im vergangenen Jahr 2010 fertiggestellt werden - auf Druck der Staatskanzlei. Die damalige schwarz-gelbe Landesregierung betrachtete das Landesarchiv als "Leuchtturmprojekt", allerdings ist es nach wie vor nicht mehr als eine Baustelle.
Mit kräftigem Aufschlag weiterverkauft
Mittlerweile ermittelt die Wuppertaler Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft für Wirtschaftskriminalität gegen 14 Personen, darunter befindet sich der inzwischen freigestellte Geschäftsführer des BLB, Ferdinand T. Ihnen wird Bestechung, Bestechlichkeit und Untreue vorgeworfen. Die Staatsanwälte, die auf Korruption spezialisiert sind, untersuchen, warum Kaufpreise von Grundstücken und Bauten regelrecht explodierten. Auffällig oft waren dem Land dabei private Investoren zuvorgekommen und hatten Grundstücke mit kräftigem Aufschlag an die öffentliche Hand weiterverkauft. In anderen Fällen hatte der BLB scheinbar ohne Not die für das Land teuerste Variante ausgewählt.
"Verstöße gegen die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit"
Skandalträchtige Fehlentscheidungen kritisiert auch der Landesrechnungshof, zum Beispiel beim Kauf des maroden Schlosses Kellenberg. Es sei "nach wie vor unklar, welcher landesspezifischen Nutzung Schloss Kellenberg zukünftig zugeführt" werden soll, heißt es in einem Bericht. Der Landesrechnungshof kritisiert einen "künstlich aufgeblähten Verkehrswert" und "Verstöße gegen die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit".
Immobilien im Wert von neun Milliarden Euro
Polizeipräsidium in Köln-Kalk
Dabei soll der landeseigene Betrieb, wie es der damalige Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) bei dessen Gründung feststellte, Grundstücke und Immobilien nach "kaufmännischen Grundsätzen" erwerben. Im Januar 2001 wurde der rot-grünen Landesregierung der gesamte Immobilienbestand des Landes als Sondervermögen an den BLB übertragen. Diese Struktur führe, so schreibt Steinbrück in einem Grußwort, zu "Entscheidungen mit besseren wirtschaftlichen Ergebnissen". Heute ist er eines der größten öffentlichen Immobilienunternehmen Deutschlands mit einem Jahresetat von aktuell rund 1,2 Milliarden Euro und einem Portfolio von 4.250 Immobilien im Wert von knapp neun Milliarden Euro.
"Koste es, was es wolle"-Haltung
Doch nicht nur die Staatsanwaltschaft ermittelt nun wegen Unregelmäßigkeiten - auch der zuständige Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) lässt Gutachter die Geschäfte durchforsten. In einer Landtagsdebatte über die Entwicklungen beim Landesarchiv Ende letzten Jahres sprach er von einer "Koste es, was es wolle"-Haltung beim BLB, die es so nicht mehr geben werde. Er kündigte eine intensivere Kontrolle des landeseignen Betriebes an. Anfang April legte er dem Landtag einen ersten vorläufigen Bericht der Sonderprüfung vor und hat dabei erschreckende Verhältnisse aufgedeckt: Vorschriften der Landeshaushaltsordnung seien nicht beachtet worden, so der Minister. Millionenschwere Immobilienankäufe seien ohne jede Wirtschaftlichkeitsberechnung und Risikobewertung getroffen worden. Ohnehin sei nur lückenhaft dokumentiert, auf welcher Grundlage die Manager des BLB Kaufentscheidungen getroffen haben.
Kontrollgremium beginnt Arbeit vor Sommerpause
Der parlamentarische Untersuchungsausschuss wird seine Arbeit nach dem Willen der Fraktionen noch vor der Sommerpause aufnehmen. Abzuwarten bleibt, wer sich letztendlich wirklich vor dem Kontrollgremium äußert oder mit Verweis auf die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft lieber doch den Mund hält. Und die werden, so heißt es in Wuppertal, noch "einige Monate" andauern.